Samstag, 3. Oktober 2009

Piratenpartei + 30%Nichtwaehler: Was nun?

Nun ist die Sensation da; die Piratenpartei hat 2%. Die zweite Sensation ist, dass beide grossen Volksparteien verloren haben. Die dritte Sensation ist, dass die FDP wieder das Zuenglein an der Waage spielen kann. Alle kleinen Parteien fuehlen sich als Gewinner. Nicht zu vergessen ist der historisch hoechste Anteil von 30% Nichtwaehlern. Trotzdem stellt sich die Systemfrage: Ist die deutsche sogennannte "personalisierte" Verhaeltniswahl wirklich der Weisheit letzter Schluss? Eigentlich sollte die Verwirrung um die Ueberhangmandate, ueber die sich uebrigens auch der "Economist" lustig macht, einen stutzig machen. Wenn man den perfekten Wahlkampf von Obama ueber Vorwahlen und dann ueber Wahlen vor Augen hat, kann man auch ueber das deutsche System nur muede laecheln. Dieser ganze Aufbruch der Jugend innerhalb der Piratenpartei fuer Buergerrechte und eine vernunftbetonte Politik ist nun in der Enttaeuschung geendet und die Nichtwaehler fuehlen sich bestaetigt, weil die Institutionen des konfusen deutschen Wahlsystems es nicht zulassen, Mehrheiten als Entscheidung des Volkes zu bilden. Wenn ich als alter "weiser" Mann der jungen Piratenpartei etwas raten darf: Verbreitert euer Wahlprogramm und entert das Wahlrecht. Das Volk und das Bundesverfassungsgericht werden es euch danken.

(weitere Informationen: http://www.2009-de.com oder/und http://www.webnews.de/kommentare/492987/0/Lafontaine-oder-Superwahlreform-im-Superwahljahr-ARidder-an-RD-Precht-html oder das Kuerzel http://bit.ly/M4LEV oder http://www.yigg.de/politik/superwahlreform-oder-ueberhangmandate-weg-aus-der-krise oder Kuerzel http://bit.ly/7u73d )

Donnerstag, 24. September 2009

Superwahlreform oder Ueberhangmandate

1) Parteienzersplitterung

Das deutsche Parteiensystem ist der Krise nicht gewachsen. Die Parteienzersplitterung schreitet fort, nach bis jetzt 6 Parteien (CDU,SPD,CSU,FDP,Gruene,Linke) werden wahrscheinlich am 27. September 7 Parteien (vielleicht +Piratenpartei) in den Bundestag einziehen. Mühsame Machtwechsel nach 1949 waren nur durch ein Zünglein an der Waage möglich und nicht durch das Volk. Jetzt befinden wir uns in einer Schlechtwetterdemokratie, das Sozialprodukt schrumpft, die Arbeitslosigkeit steigt, man starrt bewegungslos auf die Finanzkrise und den Klimawandel, weltpolitisch kommt keine Einigung über effektive Maßnahmen zustande.1933 wäre Hitler bei englischer relativer Mehrheitswahl wohl nicht an die Macht gekommen. Die Krise lässt uns keine andere Wahl, als das personalisierte Verhältniswahlrecht in ein relatives Mehrheitswahlrecht zu ändern. Es geht jetzt nicht darum, über neue willkürliche Schranken wie die 5%Klausel oder über ein wenig mehr Personalisierung der Listen-Wahl oder über eine Reduzierung der idiotischen und verfassungswidrigen Überhangmandate nachzudenken, sondern ein neues Konzept muss her. Das Bundesverfassungsgericht hat allen Parteien im neuen Bundestag aufgegeben, mit einfacher absoluter Mehrheit einen Weg aus der Staatskrise zu finden.

2) Die Idee

Das 2:1/1:2 Wahlsystem im Dreipersonenwahlkreis: Die relative Mehrheitswahl im Einpersonenwahlkreis ["winner takes all" also das 1:0/0:1 System: entweder Partei A gewinnt und Partei B verliert oder im nächsten Wahlkreis ist es umgekehrt ] wird geändert zu einem 2:1/1:2 Wahlsystem im Dreipersonenwahlkreis, das heißt: der Wahlkreis wird auf drei Parlamentsabgeordnete vergrößert.

3) Die ausführliche Beschreibung der Idee

Jede Partei stellt zwei Kandidaten pro Wahlkreis auf: eine FRAU und einen MANN, also eine Liste von zwei Personen. In Vorwahlen [ d.h.: öffentlichen Wahlen zur Kandidatenaufstellung der jeweiligen Partei] wird über die Kandidaten und gleichzeitig über den ersten und zweiten Rang entschieden. Damit wird der Kandidat nicht im Hinterstübchen einer Parteibürokratie oder nur von Parteimitgliedern aufgestellt, sondern von einem größeren Teil der Bevölkerung, also allen politischen Sympathisanten wie in den USA.

Bei allgemeinen Wahlen hat jeder Wähler eine Stimme für eine Zweipersonenliste. Die Partei mit den relativ meisten Stimmen in einem Wahlkreis gewinnt und sendet zwei Abgeordnete ins Parlament: also eine Frau UND einen Mann. Die verlierende zweitstärkste Partei bekommt immerhin ein Minderheitenschutzmandat und sendet nur einen Abgeordneten ins Parlament: eine Frau ODER einen Mann, je nach dem in Vorwahlen verliehenen Vorrangstatus. Alle anderen Parteien gewinnen keine Sitze, wie es normal ist bei einem relativen Mehrheitswahlsystem.

Tendenziell würde dieses zu einem offenen landesweiten Zweiparteiensystem führen und insbesondere dadurch, dass sowohl die gewinnende erste Partei als auch die verlierende zweite Partei den Wahlkreis vertreten, regionale Hochburgen abbauen. Knappe Mehrheiten und die inhärente Chance zum Machtwechsel wären die Regel. Landesweit gäbe es keine übergroßen Mehrheiten und keinen Regionalismus der Parteien. Mehr als zwei Drittel für eine Regierungspartei wäre unmöglich, und ein Drittel der Sitze wären für Frauen und die Oppositionspartei mathematisch sicher.

In einer Übergangszeit sollten alle Wähler eine Präferenzstimme wie in Australien haben: eine Zweitstimme. Jeder sollte mit der Erststimme seine emotional bevorzugte Partei wählen und mit der Zweitstimme, welche der wahrscheinlich gewinnenden Parteien er am ehesten unterstützen könnte. Sollte seine mit der Erststimme gewählte Partei nicht den ersten oder zweiten Platz erreicht haben, kann seine Zweitstimme noch innerhalb der beiden gewinnenden Parteien den Ausgang beeinflussen. Im Endeffekt kann so das Endergebnis noch umgedreht werden: eine Partei, die im „primary vote“ zwei Abgeordnete hat, bleibt nach dem „preference vote“ auf nur einem Minderheitenschutzmandat sitzen.

Die Zweitstimme wird nicht gewertet, wenn bereits die Erststimme einen oder zwei Sieger gewählt hat. Die Erststimme wird wertlos, wenn sie einer Splitterpartei gegolten hat, die weder ein Zweierticket noch ein Minderheitenschutzmandat gewonnen hat. Weitere Zusatzbedingungen wären: Wahlkampfkostenbegrenzung, eine unabhängige Wahlkommission und die Wahlpflicht.

4) Die Utopie

Natürlich ist jede Idee solange eine Utopie, bis sie Wirklichkeit wird. Und selbst eine Realisierung dieser Idee in irgend einem Nationalstaat ist immer noch keine Lösung, wenn mehr als die Hälfte der Weltbevölkerung noch keine Form der parlamentarischen Demokratie genießt, sondern von autoritären bis zu totalitären Staatsformen daran gehindert wird, sich zu äußern oder eine vernünftige Zusammenarbeit anzustreben. Nicht zufällig schrieb Immanuel Kant "Idee zu einer allgemeinen Geschichte in staatsbürgerlicher Absicht“und "Zum ewigen Frieden". Kant glaubte, dass sich die Vernunft langsam durchsetzen würde. Es bleibt 200 Jahre später immer noch ein Traum: Demokratie auf der ganzen Welt. Demokratie als System der Macht auf Zeit. Tendenziell 50% weibliche Abgeordnete und 50% männliche Abgeordnete. Tendenziell knappe Mehrheiten in den Wahlkreisen und in den Parlamenten. Jede 4 Jahre besteht die Chance zum Machtwechsel. Die Angst vor dem Machtverlust führt zu mehr Vernunft und Rationalität. Ein Drittel der Mandate ist immer und überall der Opposition sicher. Auch ist ein Drittel garantiert für weibliche Parlamentsabgeordnete unabhängig von der Parteienzugehörigkeit . Oder falls jemals eine Frauenrevolution geschähe, ein Drittel der Mandate ist ebenso garantiert für männliche Abgeordnete.

5) Die Evolution der Vernunft?

Die Evolution des Menschen lässt uns keine Wahl, als an die Durchsetzbarkeit der Vernunft zu glauben. Die Entstehung der Demokratie vor 2500 Jahren in Griechenland hatte eine Explosion der Vernunft ausgelöst. Eine Entdeckung nach der anderen jagte die Wissenschaft voran. Die alte Frage, ob sich die Geschichte der Menschheit vorwärts bewegt, ist schwierig zu beantworten. Zu viele unsinnige Kriege, zu viele Krankheiten und Epidemien, zu viele Hungersnöte und zu viele Diktaturen haben die Mehrheit der Menschheit gequält und tun es heute noch.

Es ist schwierig, im Angesicht der Welt, so wie sie ist, noch Optimist zu bleiben. Dennoch ein Gefühl ist überwältigend: der Ruf nach einer friedvollen Weltgemeinschaft ist nicht von der Hand zu weisen (siehe Kant). Eine friedvolle Weltgemeinschaft ist aber nur unter Demokratien denkbar.

Es gab so viele Momente in der Geschichte, in denen sich die Menschen wieder in die Steinzeit hätten zurück bewegen können: Man denke nur, die christlichen Mönche hätten nicht all die griechischen Texte abgeschrieben und erhalten. Oder die islamischen Gelehrten hätten nicht das Papier und die arabischen und indischen Zahlen nach Europa gebracht. Oder die Menschen zwischen Euphrat und Tigris hätten nicht die Keilschrift erfunden, und später die Phönizier nicht die Konsonantenschrift.
Dass sich trotz allem jetzt eine Welt bietet, die die Vereinten Nationen hat, Menschenrechte formuliert hat, einige freie Gesellschaften mit Demokratie und Rechtsstaat gebildet hat, grenzt an ein Wunder. Oder an einen glücklichen Zufall, weil in der Erdgeschichte vor Hunderten Millionen von Jahren in wechselnden Vereisungen und Übertemperaturen nicht das Leben selbst ausgelöscht worden ist.

(weitere Informationen: http://www.2009-de.com oder/und
http://www.webnews.de/kommentare/492987/0/Lafontaine-oder-Superwahlreform-im-Superwahljahr-ARidder-an-RD-Precht.html oder/und

http://www.yigg.de/politik/superwahlreform-oder-ueberhangmandate-weg-aus-der-krise )

Dienstag, 8. September 2009

Lafontaine oder Superwahlreform im Superwahljahr?

Lafontaine scheint es nach den letzten Landtagswahlen geschafft zu haben, das deutsche Parteiensystem zu zersplittern. Richard David Precht fordert in der Talkshow "Menschen bei Maischberger" eine lahme schweizerische Konkordanzdemokratie ein. Ist dies eine Loesung der Probleme? Precht vergisst das Grosse der Entdeckung der griechischen Mehrheitsdemokratie. Urploetzlich in der Geschichte der Menschheit konnte die Mehrheit des Volkes bestimmen, ueber das Waehlen von schwarzen und weissen Steinen. Das loeste eine Explosion der Vernunft vor 2500 Jahren aus: in Wissenschaft und Philosophie. Ploetzlich entschied die gewaehlte Persoenlichkeit mit der autonomen Vernunft und nicht mehr die bestehende Macht oder eine Schamanenreligion. Ploetzlich gab es Macht auf Zeit und die inhaerente Chance zum Machtwechsel in einer Persoenlichkeitswahl. Die Angst vor dem Machtverlust fuehrte zu mehr Vernunft und Rationalitaet. Im Laufe der Geschichte wuchs dann langsam das Parteiensytem heran und damit das Denken in Gruppen und Abhaengigkeiten, das autonome Verbandsinteresse entstand.

Was uns auch heute noch den Atem wegnimmt, wie die Mehrheit der Amerikaner ploetzlich einen Schwarzafrikaner zum Praesidenten waehlte. Oder wie in Indonesien ein Praesident SBY das alte System der Macht hinwegfegte. Oder wie in Japan zum ersten Mal in 50 Jahren die Opposition den Machtwechsel hervorruft. Oder wie in Burma eine schwache zierliche Frau, Aung San Suu Kyi, schon im Hausarrest, eine 30jaehrige Militaerdiktatur in die Schranken wies und seitdem als Nobelpreistraegerin im Hausarrest weitere 20 Jahre die Welt im Bann haelt. Auch die vielen Jahre von Nelson Mandela auf Robben Island und viele andere Beispiele zeigen, dass die Machtwechsel durch die Mehrheit des Volkes die Welt in Atem halten.

Wann waehlt das Volk in der BRD mit Mehrheit, wer Bundeskanzlerin oder Bundeskanzler wird? Wenn Angela Merkel gegen Frank Steinmeier zur Wahl stehen wuerde, erst dann ist die BRD in der Demokratie angekommen, und das heisst: weg von der Verhaeltniswahl, hin zur Mehrheitswahl! Und das wuerde ueber den Dreipersonenwahlkreis mit Vorwahlen zur Kandidatenaufstellung zwingend werden!



(Lesen Sie zum besseren Verstaendnis den vorherigen Eintrag oder gehen sie auf http://www.2009-de.com/ oder http://sites.google.com/site/dreipersonenwahlkreis/ oder http://sites.google.com/site/wahlreform/Home )

Dienstag, 21. Juli 2009

Wahlreformvorschlag www.2009-de.com

1) Mehrheitswahl und Verhältniswahl

Es gibt in der Welt im Prinzip zwei Wahlsysteme: Mehrheitswahl und Verhältniswahl. Bei Mehrheitswahl siegt eine Person mit den relativ meisten oder absolut meisten Stimmen in einem Wahlkreis. Bei Verhältniswahl siegen mehrere Listen von vielen Personen in einem Mehrpersonenwahlkreis, im Extremfall ist das ganze Land ein Wahlkreis und alle Parlamentsabgeordneten werden darin verteilt. Die Mandate werden bei Verhältniswahl relativ zu dem Anteil der Stimmen verteilt, mit Hilfe verschiedener mathematischer Formeln z.B. von d’Hondt, Niemeyer usw, die jeweils auf verschiedene Weise mehrheitsbildend wirken. Während die Mehrheitswahl eine Persönlichkeitswahl darstellt und alle jeweiligen Verlierer leer ausgehen, fördert die Verhältniswahl ein Vielparteiensystem, und jeder fühlt sich irgendwie als Gewinner. Es wird immer wieder versucht, eine Kombination zwischen beiden Systemen herzustellen, vor allem weil beide Systeme ihre Mängel haben.

Für die Mehrheitswahl stehen als leuchtende Beispiele die USA, England, Indien, Australien usw. Für die Verhältniswahl stehen viel mehr Länder, manche mit Sperrklausel oder personalisierten Elementen, mit vielen Variationen, die nur Experten verstehen. In Indonesien, das die reine Verhältniswahl von den Holländern unwissend übernahm, kamen 1955 überraschend 28 Parteien ins Parlament, darunter extreme ideologische und religiöse Parteien, Protestparteien, Interessen oder Ein-Thema-Parteien, und regionale Parteien. In den Niederlanden blockiert immer noch ein Vielparteiensystem jeden vom Volk bestimmten Machtwechsel. Eine Regierungsbildung dauert immer noch Monate, jetzt erhebt der rechtsradikale Geert Wilders sein Haupt. In diesem Umfeld schauen die Niederländer immer verzweifelt auf die Königin. In Belgien schafft es noch nicht einmal der König!

2) Dreipersonenwahlkreis

Bislang gibt es bei Mehrheitswahl im Einpersonenwahlkreis nur die zwei Möglichkeiten: entweder wer die relativ meisten Stimmen auf sich vereinigt oder wer die absolut meisten Stimmen auf sich vereinigt, gewinnt den Wahlkreis. Im zweiten Fall ist meistens noch ein zweiter Wahlgang erforderlich. Theoretisch könnte diese Persönlichkeitswahl ohne Parteien stattfinden, es gäbe also ein Parlament von Persönlichkeiten. So war es im alten Griechenland. In der Praxis stellen jedoch Parteien A, B, C, D, E usw. jeweils eine Person auf, und dies führt in der Regel mehr oder weniger zu einem Zweiparteiensystem. Dann gewinnt entweder Partei A oder B landesweit, siehe USA, England, aber nicht in einer heterogenen Gesellschaft wie Indien. Manchmal gewinnt dort jedoch auch eine Partei die Mehrheit der Sitze.

Der Nachteil dieses Systems bei homogenen Gesellschaften führt dazu, dass Partei A in dieser Region und Partei B in jener Region übergroße Mehrheiten gewinnt, also Hochburgen ausbildet. In Singapur führt die Mehrheitswahl dazu, dass eine Partei fast 99 % der Sitze gewinnt. Ist der Vorsprung (bias) relativ groß, braucht praktisch bei der nächsten Wahl nicht mehr viel Aufmerksamkeit, Energie und Aufwand in diesen Wahlkreis gesteckt zu werden. Der Wahlkampf konzentriert sich auf nur wenige unsichere Wahlkreise, wie z.B. letztes Jahr bei der Präsidentenwahl in den USA.

Es ist ein neuer Gedanke, die relative Mehrheitswahl im Dreipersonenwahlkreis durch zu führen. Dann müssten Parteilisten von jeweils zwei Personen miteinander konkurrieren. Es würde eine Liste von zwei Personen mit den relativ meisten Stimmen gewinnen, und die relativ zweitstärkste Liste von zwei Personen nur eine Person ins Parlament schicken. Es wäre also ein Minderheitenschutzmandat. Landesweit kann das zwischen verschiedenen Parteien variieren. Es müsste vorher festgelegt werden, wer den ersten Rang auf der Zweierliste einnimmt.

Dieses 2:1/1:2 System (2 x Partei A zu 1 x Partei B gewinnt in diesem oder 1 x Partei A zu 2 x Partei B gewinnt in jenem Wahlkreis) ist deshalb besser als das alte 1:0/0:1 System (Partei A gewinnt in diesem oder Partei B gewinnt in jenem Wahlkreis), weil es übergroße regionale Mehrheiten abbaut. Dadurch daß sowohl Partei A wie auch Partei B den Wahlkreis vertreten, verfestigt sich die Parteienstruktur nicht, sondern wird im Gegenteil abgebaut, und kann es bei der nächsten Wahl umgekehrt oder ganz anders aussehen.

Im Grunde wäre mit diesem Dreipersonenwahlkreis in allen Wahlkreisen, d. h. im ganzen Land, der Wettbewerb wiederhergestellt. Die inhärente Chance zum Machtwechsel wäre größer und demokratischer. Auch die Identifikation von Regionen, Ethnien, Religionen, Interessen usw. mit diesen oder jenen Parteien würde verblassen. Und der Wahlkampf müsste wieder in allen Wahlkreisen stattfinden.

Auch die Vorteile der Persönlichkeitswahl (Zwei Persönlichkeiten) blieben wie bei relativer Mehrheitswahl erhalten; auch die Tendenz zu einem Zweiparteiensystem und damit die Möglichkeit, dass das ganze Land über einen Machtwechsel abstimmt und nicht nachher Kleinstparteien in Koalitionen („Zünglein an der Waage“).

Ein weiterer Vorteil wäre, dass der Oppositionspartei immer ein Drittel der Mandate garantiert wären und die Mehrheitspartei nie mehr als zwei Drittel der Sitze bekäme. Zwei Drittel + einer Stimme sollte deshalb für Verfassungsänderungen gelten.

3) Mann und Frau

Damit könnte man es eigentlich belassen, aber bei dem Dreipersonenwahlkreis drängt sich ein Gedanke auf: Wäre es nicht geradezu ideal, auf der Zweierliste immer einen Mann und eine Frau aufzustellen? Es geht hier nicht um Rassen oder ethnische Gruppen oder Religionen oder sonst was, sondern um die Tatsache, dass selbst im 21. Jahrhundert., d. h. im Jahre 2008, Frauen immer noch nur 18,3 % der Parlamentssitze weltweit innehaben. Dabei brauchten Frauen 2400 Jahre, um überhaupt wählen zu können und wählbar zu sein. Sie waren in Griechenland nicht zur Wahl zugelassen, seitdem die Demokratie vor 2500 Jahren in Griechenland erfunden wurde. Man könnte also sagen, diese Regelung braucht nur weitere 2400 Jahre zu gelten. Vielleicht ist dann die Diskriminierung der Frau zu Ende! Es würde dazu führen, dass ein Drittel der Mandate den Frauen mathematisch sicher wäre, selbst wenn sie in allen Wahlkreisen niemals an erster Stelle gesetzt würden. Tendenziell würde dies auf mittlere Sicht zu 50 % der Sitze für Frauen führen.

4) Amerikanische Vorwahlen

Sowie sich der Gedanke der Aufstellung von Mann und Frau auf der Zweierliste geradezu aufdrängt, drängt sich ebenso auch das System der Vorwahlen aus Amerika auf. In Vorwahlen würde dann die Vorrangstellung Mann oder Frau demokratisch festgelegt. Wer zu den großen Parteien gehört und an erster Stelle aufgestellt wird, hat die größere Chance, gewählt zu werden. Der zweite Platz auf der Zweierliste führt also nur bei einem „landslide“, d.h. Erdrutsch, zu einem Mandat.

Außerdem wären Vorwahlen generell besser als nur Parteimitgliedschaft zur Aufstellung von Kandidaten: nur weniger als 2% der Bevölkerung wollen Mitglied einer Partei werden, und dann nehmen nur geringfügig wenig Parteimitglieder an der Kandidatenaufstellung teil. Oder es wird ganz von „oben“, von der Parteibürokratie, geregelt. Bei Vorwahlen nehmen bis zu 10 % der Bevölkerung, also derjenige Teil, der sich als Parteisympathisant registrieren lässt, an der Kandidatenaufstellung teil.

5) Australisches `preference vote`

Die australische Präferenz-Stimme bietet sich dann besonders an, wenn es sich nicht um einen Übergang vom Einpersonen-Wahlkreis zum Dreipersonen-Wahkreis bei relativer Mehrheitswahl handelt, sondern wenn es sich um einen Übergang von einem Mehrparteiensystem mit vorwiegend Verhältniswahlcharakter zu einem Dreipersonen-Wahlkreis unter relativer Mehrheitswahl handelt. Dann hätte jeder Wähler zusätzlich noch eine Präferenz-Stimme. Mit seiner ersten Stimme würde er die von ihm emotional oder ideologisch oder religiös gewollte Interessenpartei wählen und mit seiner Zweitstimme, welche der wahrscheinlich gewinnenden Volksparteien er am ehesten unterstützen könnte.
Auf diese Weise könnte er sowohl im Wahlkreis als auch landesweit mit entscheiden, welche Partei nun das Zweipersonenticket und damit auch die Mehrheit erhält. Damit würde er auch einen Machtwechsel landesweit beeinflussen.

Seine erste Stimme wäre wertlos, wenn er damit nur eine Splitterpartei gewählt hätte. Seine zweite Stimme wäre wertlos, wenn er schon mit seiner ersten Stimme eine Partei gewählt hätte, die entweder das Zweierticket oder das Minderheitenschutzmandat gewonnen hätte. Seine erste und zweite Stimme wären wertlos, wenn er zweimal Parteien gewählt hätte, die weder die relativ stärkste noch die relativ zweitstärkste Partei geworden wären. Das ist bei relativer Mehrheitswahl normal, dass nur einer gewinnt. Bei dem Dreipersonenwahlkreis gewinnen zwei. Bei Verhältniswahl gewinnen alle und damit keiner: oder eine bürokratische Elite schafft sich durch verschiedene Barrieren (2 %, 3 %, 4 %, 5 % Klausel) einen Freiraum oder macht dann Gräben (Grabensystem) oder Erfolgsprämien (Italien). Deshalb wird in Verhältniswahlsystemen immer soviel verändert, dass keiner mehr durchblickt. Man denke nur in Deutschland an die 5 % Klausel oder an die Überhangmandate!

Verhältniswahl ist nur eine Volksbefragung, wobei gewisse Themen, ideologische oder radikale Stammtischparolen oder religiöse, überwiegen. Dass Demokratie Macht auf Zeit ist und Mehrheiten durch das Volk entschieden werden müssen und nicht durch Koalitionen und Kuhhandel nach der Wahl, wird dabei vergessen.

Die letzte Präsidentenwahl in den USA hat eindeutig gezeigt, dass Vorwahlen und nachher die allgemeine Wahl am ehesten die Mehrheitsmeinung widerspiegeln. Obama war ein Grundkurs in Demokratie. Man müsste den Dreipersonenwahlkreis nur noch auf den Kongress und den Senat ausdehnen, um die Teilung in „red and blue states“ zu überwinden. Dann hätte auch Hillary Clinton gesiegt und den Frauen in den USA zum Durchbruch verholfen. In den USA wurden 2008 nur 17 % der Frauen Parlamentsabgeordnete. Dann würde auch ein weiblicher Präsident in kommenden Wahlen in realistische Nähe rücken.

Mittwoch, 6. Mai 2009

Wahlreform

Noch will man hierzulande noch nicht allzuviel von echtem Wandel wissen. Eher muss hier der Bundesverfassungsgerichtspraesident Hans-Juergen Papier genannt werden, der einen Vorschlag zur Personalisierung und Demokratisierung des Wahlrechts gemacht hat. Er wird noch uebertroffen von einem Aufruf des ehemaligen Politologen und Unternehmers Dr.Axel Ridder, siehe webpage www.2009-de.com
Dr.Axel Ridder schlaegt vor: gleich die englische relative Mehrheitswahl einfuehren, uebertragen auf einen Dreipersonenwahlkreis plus amerikanische Vorwahlen und australisches preference vote. Die Personalisierung waere staerker und demokratischer. Ausserdem wuerde es regionale Hochburgen abbauen und zu 50% weiblichen Parlamentsabgeordneten fuehren.

Samstag, 2. Mai 2009

Jetzt in der Weltwirtschaftskrise kommt es darauf an, nicht ueber den Ausgang zu spekulieren, sondern den demokratischen Willensbildungsprozess auf ein neues Fundament zu stellen. Siehe meine Webseite www.2009-de.com.