Sonntag, 4. Dezember 2011

Jede Sperrklausel ist eine Wahlsystemfrage: bei Europawahl verfassungswidrig

Das
Bundesverfassungsgericht hat am 9.11.2011 die 5%-Klausel für das EU Parlament
für verfassungswidrig erklärt, weil alle Stimmen vor dem Gesetz gleich sein
müssen. Bei Europawahlen gilt ein degressives Verhältniswahlrecht, das sowieso
reformbedürftig ist.



Die 5%-Klausel ist eine
Besonderheit des Verhältniswahlrechts. Nur in den Niederlanden gilt das reine
Verhältniswahlrecht ohne jede Klausel. Eine Regierungbildung dauert immer
Monate bei dem entstandenen Vielparteiensystem. Ohne die Königin geht gar nichts.



Wenn man ein
Verhältniswahlrecht ernst nimmt, müsste man ein Land mit einem Wahlkreis
gleichsetzen und die vorhandenen Parlamentssitze verhaeltnismaessig auf die
abgegebenen gültigen Stimmen für eine Person oder eine Liste mit mehreren
Personen verteilen. Da sich auf der ganzen Welt mittlerweile Parteien zur
Willensbildung und Kandidatenauswahl gefestigt haben, wird es dementsprechend
auf die Parteien übertragen. Das Problem der Kandidatenaufstellung in den
Parteien wird in der ganzen Welt unter dem Teppich gekehrt. Eigentlich gibt es
dafür schon die amerikanische Erfindung der Vorwahlen. Jetzt stellen weniger
als 2% der Bevölkerung Kandidaten auf. Bei Vorwahlen wären es um die 10%.



Das eigentliche Problem
aber ist: Verhältniswahl oder Mehrheitswahl. Hier stoßen die Ideologen
aufeinander.



Es gibt in der Welt so
viele Wahlsysteme, wie es Länder gibt, sogar Variationen in einzelnen Teilen
von Ländern. Wie kann man in diesem Chaos eine Ordnung finden? Es gibt auf
jeden Fall zwei Merkmale:



1.Relative oder absolute
Mehrheitswahl in Einpersonenwahlkreisen (GB, USA, Canada, Indien, Frankreich,
Australien).



2.Verhältniswahl oder
Proportionalitaetswahl in Mehrpersonenwahlkreisen, bis zur Konsequenz; ein Land
ein Wahlkreis. Dies umfasst alle anderen Länder, mit vielen Variationen, Hürden
und Widersprüchen, einschließlich der vom Bundesverfassungsgericht abgelehnten
Überhangmandate, wofür die schwarzgelbe Koalition jetzt ein neues Gesetz
vorgeschlagen hat.



Ich befürworte ein
Persoenlichkeitswahlrecht wie in Frankreich oder Australien, das sich auch für
ein zukünftiges Europa bei einem Zweikammersystem in einem Zweitparlament der 17 Eurozone-Mitglieder eignen wurde. In Frankreich und Australien hat jede
Stimme das gleiche Gewicht. Siehe http://www.2009-de.com

Die Wähler entscheiden, wem
sie die Mehrheit geben, wenn eine Partei nicht auf Anhieb eine Stimme mehr als
50% der Stimmen erhält, entweder im zweiten Wahlgang oder gleichzeitig mit
Primärstimme und mit Vorzugsstimme.